Mitteilung 15.11.2017

Luftbrücke nach dem Hurrikan Harvey

Am 25. August 2017 gegen 22:00 Uhr Ortszeit erreichte der Hurrikan Harvey die Ortschaft Rockport, Texas, 240 Kilometer südwestlich von Houston. Es war der stärkste tropische Sturm, der je die USA getroffen hat. Brent Bundy, PC-12 Pilot, Phoenix Police Department

Die tödliche Kombination von Winden mit mehr als 200 Stundenkilometer und beispiellosen Niederschlägen brachte Verwüstungen vom Süden Texas bis in den Osten Louisianas und nach Alabama. In der Folge waren Tausende von Häusern beschädigt oder zerstört, so dass Zehntausende von Menschen Hilfe brauchten. Die Nation bot nicht nur Hilfe durch Hubschrauber und Boote unmittelbar nach dem Sturm, sondern auch Rettung in den folgenden Tagen und Wochen, als vertriebene Bewohner ohne die notwendigsten Habseligkeiten um Hilfe baten. Einige der Flugzeuge, welche die Leute nach dem Sturm ausflogen, wurden jetzt benutzt, um Proviant zu transportieren.

Fliegende Unterstützung

1600 Kilometer westlich in Scottsdale, Arizona, beobachtete Scott Roberts, ein lokaler Geschäftsmann mit Verbindungen nach Texas, die Ereignisse. Als Besitzer eines Pilatus PC-12 fragte sich Roberts, wie er mit seinem Flugzeug helfen könnte. Am 2. September verlor sein geliebter Hund, LooCee, seinen Kampf gegen den Krebs, was ihn zum Handeln inspirierte. Wenn Menschen in Houston umgesiedelt werden müssen, wird wohl ein ähnlicher Bedarf für Tiere bestehen. Nachdem Roberts einen Artikel darüber auf der AOPA-Website (Aircraft Owners and Pilots Association) gelesen hatte, wandte er sich an diese Organisation, die sein Angebot gerne annahm. Mit ihrer Unterstützung dauerte es nicht lange, bis er seinen Plan zusammengestellt hatte. Er würde früh am Morgen von Scottsdale losfliegen, dringend benötigte Vorräte in Houston abliefern und dann gerettete Hunde ins Flugzeug laden, um sie aus der Gegend zu transportieren. Die Hunde wurden aus ihren Notunterkünften geholt und so konnte Platz geschaffen werden für weitere Tiere, die während den Aufräumarbeiten gefunden wurden. Dies würde Besitzern von vermissten Haustieren eine bessere Chance geben, ihre eigenen Tiere zu finden.

Die Koordination des Hundetransports erfolgte durch «Wings of Rescue». Diese gemeinnützige Organisation mit Sitz in Südkalifornien wurde 2012 mit dem Ziel gegründet, Tiere aus überfüllten Tierheimen an Orte zu bringen, an denen sie besonders gefragt sind. «AERObridge», eine weitere südkalifornische Hilfsorganisation, ist auf Notfall-Luftrettungen spezialisiert und gab Roberts einen Kontakt, damit er die Hilfsgüter abliefern konnte.

Scott Roberts, CEO von Roberts Communities, wuchs in der Luftfahrt auf. Sein Vater gründete das Unternehmen vor über 40 Jahren und die Familie hat schon immer Flugzeuge besessen und geflogen. Roberts fliegt schon seit dem College. «Fliegen war schon immer ein Teil unseres Lebens und unseres Geschäfts», sagt er. Als sich 2015 die Gelegenheit bot, erwarb er einen PC-12 und nutzt ihn seither sowohl für geschäftliche als auch für private Flüge. Er fügt hinzu: «Nachdem ich mein ganzes Leben lang in der Luftfahrt gewesen war und die Vorteile gesehen habe, die sie bringen kann, wusste ich, dass ich irgendwie helfen musste, als diese Krise Texas traf.»

Fracht hin – Hunde zurück

Am 9. September um 15:00 Uhr hoben Roberts und ich vom Scottsdale Flughafen mit 680 Kilogramm Spenden ab, die in die Kabine seines PC-12 geladen waren. Mit Hilfe von persönlichen Kontakten, Beiträgen in den sozialen Medien und einem Bericht in den Lokalmedien wurde Roberts mit Spendenbeiträgen überflutet, die alle sorgfältig sortiert, gewogen und eingeladen wurden.

Fast vier Stunden später landeten wir am Jack Brooks Regionalflugplatz in Port Arthur, Texas, etwas ausserhalb von Beaumont und rund eine Stunde östlich von Houston. Begrüsst wurden wir von Polizeichef Patrick Melvin und einigen seiner Mitarbeiter, die das Flugzeug entluden. Melvin erklärte, dass Beaumont einer der am härtesten getroffenen Teile im Süden Texas ist und alles, was wir brachten, dringend benötigt und sehr geschätzt wurde. «Es ist eine schwierige Zeit, durch die wir momentan gehen. Aber Leute wie euch zu sehen, die so viel für uns tun, bedeutet uns wahnsinnig viel. Wir können Ihnen nicht sagen, wie dankbar wir sind», meinte Melvin. Ein Beweis für die grosse Unterstützung, welche die Luftfahrtgemeinschaft bietet, war während unseres Tankstopps zu sehen. Neben uns stand der texanische Geschäftsmann Mark Mosier mit seiner Columbia 400. Auch er überflog Vorräte und transportierte Tiere in Not. «Es ist genau das, was die Luftfahrtwelt tut: Wir helfen, wann immer und so gut wie wir können», sagte Mosier.

Grosse Unterstützung

Während unseres Flugs nach Houston, kamen wir an der Innenstadt vorbei. Obwohl es ein paar Wochen her war, seit Harvey über das Festland fegte, waren die Verwüstungen ernüchternd. Ganze Viertel und Parks lagen unter Wasser, Strassen waren unpassierbar. Kurz nach unserer Ankunft trafen wir Angela Madeksho, Anwältin und «Teilzeithundeheldin». Sie arbeitet mit ADORE (All Dogs Official Rescue Enterprise) Houston zusammen, jene Organisation, welche Wings of Rescue für uns organisiert hat. «Wir haben rund um die Uhr gearbeitet, um den Tieren in Houston zu helfen. Leute wie Scott, die uns so stark unterstützen, sind unglaublich. Diese Hunde kamen alle von den Strassen von Houston. Das neue Leben, welches sie erwartet, wird unglaublich sein.» sagte Madeksho unter Tränen. Roberts und ich haben die Hundeboxen zusammengebaut und 13 Hunde in sein Flugzeug geladen, was durch die grosse Frachttür und den ebenen und flachen Boden des PC-12 erstaunlich einfach ging. Vollbepackt flogen wir nach Idaho, wo auf unsere Hunde-Passagiere eine neue Heimat wartete.

Die 2700 Kilometer lange Reise von Houston nach Idaho lag zwar noch innerhalb der Reichweite des PC-12, trotzdem legten wir in Colorado Springs, Colorado, einen Tankstopp ein. Anschliessend ging es weiter zur Coeur d’Alene, Idaho. Als wir am Pappy Boyington Field ankamen, ging gerade die Sonne im Dunst der nahen Waldbrände unter, und wir wurden von den ängstlichen Empfängern unserer kostbaren Fracht empfangen. Auf uns warteten Debbie Jeffrey von der «Kootenai Humane Society» und Alicia Finch von «SpokAnimal C.A.R.E. Shelter», um unsere Lieferung zwischen ihren beiden Organisationen aufzuteilen. Sie sagten uns, dass im Gegensatz zu vielen Teilen des Landes, Hunde wie die, die wir mitgebracht haben, in dieser Region wirklich bedürftig sind. Jeffrey erklärte: «Viele Menschen hier oben haben viel Land und sind Tierliebhaber. Gerade diese grossen Hunde werden bestimmt ganz schnell adoptiert.» Nachdem wir unsere Ware abgeliefert hatten, füllten wir noch einmal unseren Tank und flogen Richtung Süden.

Ein erfolgreicher Tag ging zu Ende

Kurz vor Mitternacht ging das Abenteuer am Scottsdale Airport zu Ende. Was übrig blieb: ein leeres Flugzeug und zwei müde Piloten. Über 6000 Kilometer geflogen, fast eine Tonne Vorräte geliefert, 13 Hunde umgesiedelt und zahlreiche Leben verändert – und das alles wegen eines Mannes, seines Flugzeugs und des Wunsches, anderen zu helfen. «Ich bin in vielen Bereichen meines Lebens gesegnet worden und wenn ich das nutzen kann, was ich habe, um andere zu unterstützen, dann bin ich froh, es zu tun. Ich wünschte nur, ich könnte mehr tun», meint Roberts.

Dieser Septembertag war er ein weiteres Beispiel für die Power der Luftfahrtgemeinschaft: Nach einer epischen Katastrophe kam sie zusammen, bündelte ihre Ressourcen und half auf eine Art und Weise, die sich viele Menschen nicht vorstellen konnten. Gut gemacht!